Was sind Dataspaces – und warum sie für Unternehmen immer relevanter werden.
- Andreas Hieger

- 16. Juni
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 14. Okt.
Der nächste Evolutionsschritt in der Datenökonomie
In einer zunehmend vernetzten Wirtschaft sind Daten kein isoliertes Gut mehr, sondern Teil dynamischer Wertschöpfungsnetzwerke. Daten entstehen, fließen, verändern sich – über Unternehmensgrenzen hinweg. Klassische Datenmanagement-Systeme stoßen dabei schnell an ihre Grenzen. Sie sind oft zentralistisch, unflexibel und nicht auf die kontrollierte, kontextabhängige Zusammenarbeit mit Dritten ausgelegt.
Dataspaces bieten einen neuen Ansatz: Sie ermöglichen den vertrauensvollen, dezentralen und souveränen Austausch von Daten – über Organisationsgrenzen, Systeme und Branchen hinweg. Für Unternehmen eröffnen sich dadurch völlig neue Möglichkeiten der Kooperation, Wertschöpfung und Innovation – unter Wahrung der Datensouveränität.
Was sind Dataspaces?
Ein Dataspace (oder Datenraum) ist ein organisatorischer und technischer Rahmen, in dem mehrere Akteure Daten nach gemeinsamen Regeln austauschen und nutzen können, ohne die Hoheit über ihre Daten zu verlieren.
Im Gegensatz zu traditionellen Plattformen, bei denen Daten zentral gesammelt und verarbeitet werden, basiert ein Dataspace auf den Prinzipien von:
Dezentralität
Interoperabilität
Datensouveränität
Vertrauenswürdigkeit durch gemeinsame Standards
Dataspaces sind damit keine Datenbanken, sondern vernetzte Ökosysteme, in denen Teilnehmer ihre Daten kontrolliert bereitstellen und anderen zur Nutzung freigeben – gemäß klar definierter Governance-Modelle, technischer Schnittstellen und rechtlicher Rahmenbedingungen.
Warum sind Dataspaces relevant?
1. Förderung datengetriebener Innovation
Durch die kontrollierte Zusammenführung heterogener Datenquellen – etwa von Partnern, Zulieferern oder Kunden – entstehen neue datenbasierte Services, Geschäftsmodelle und Erkenntnisse, z. B. für Predictive Maintenance, CO₂-Footprinting, smarte Produkte oder KI-Anwendungen.
2. Stärkung der Datensouveränität
Teilnehmende behalten jederzeit die Kontrolle über ihre Daten – sie entscheiden, wer welche Daten zu welchem Zweck und unter welchen Bedingungen nutzen darf. Das ist insbesondere für sensible oder personenbezogene Daten ein entscheidender Vorteil.
3. Effizientere Zusammenarbeit in Wertschöpfungsnetzwerken
Dataspaces ermöglichen es, datenbasierte Kooperationen schneller, sicherer und rechtskonform zu gestalten, z. B. in der Industrie 4.0, Logistik, Landwirtschaft, Energie oder dem öffentlichen Sektor.
4. Unterstützung regulatorischer Anforderungen
Initiativen wie GAIA-X, die EU Data Governance Act (DGA) und der Data Act setzen auf vertrauenswürdige Datenräume als infrastrukturelle Basis eines europäischen Datenmarkts. Dataspaces sind somit anschlussfähig an europäische Regulierung und Förderprogramme.
Anwendungsbeispiele
Catena-X: Ein offener, kollaborativer Datenraum für die Automobilindustrie, in dem OEMs, Zulieferer und Dienstleister ihre Daten entlang der gesamten Lieferkette austauschen.
Mobility Data Space: Ermöglicht einen sicheren, interoperablen Datenaustausch für Verkehrsanbieter, Kommunen und Plattformen.
Healthcare Dataspaces: Erforscht z. B. im Rahmen von Gaia-X für sektorübergreifende Forschung und Patientenversorgung bei gleichzeitigem Datenschutz.
Energie- und Nachhaltigkeits-Dataspaces: Ermöglichen ESG-Reporting, Kreislaufwirtschaftsdaten oder gemeinsame Umweltkennzahlen entlang von Lieferketten.
Worauf Unternehmen achten müssen
1. Klare Datenstrategie als Voraussetzung
Dataspaces setzen voraus, dass Unternehmen ihre Daten strukturiert erfassen, klassifizieren und managen können. Ohne interne Datenklarheit ist keine externe Datenkollaboration möglich.
2. Rechtsrahmen & Governance
Der Austausch sensibler Daten erfordert klare Governance-Strukturen: Wer darf was? Wer haftet? Welche Lizenzen gelten? Auch Fragen der DSGVO-Compliance und des geistigen Eigentums müssen vorab geklärt sein.
3. Technologische Interoperabilität
Teilnehmende Systeme müssen technisch anschlussfähig sein – z. B. über standardisierte APIs, Ontologien, Datenformate und Metadaten-Modelle. Nur so wird die Vision eines offenen Ökosystems Realität.
4. Sicherheit und Vertrauen
Vertrauen entsteht durch transparente Regeln, Auditierbarkeit und technische Schutzmaßnahmen wie verschlüsselte Datenflüsse, Zugriffsmanagement und Policy Enforcement.
5. Organisatorische Verankerung
Der Aufbau oder die Teilnahme an einem Dataspace ist kein reines IT-Projekt. Business, Legal, IT und Strategie müssen gemeinsam agieren – mit klaren Rollen, Roadmaps und KPIs.
Fazit: Dataspaces als Schlüssel für datengetriebene Ökosysteme
In einer vernetzten Wirtschaft sind Unternehmen nicht mehr nur Dateninhaber, sondern aktive Gestalter von Datenökosystemen. Dataspaces ermöglichen es, das Potenzial von Daten übergreifend, souverän und wertschöpfend zu nutzen – unter Einhaltung rechtlicher und ethischer Standards.
Sie bilden damit eine tragende Infrastruktur für:
Plattformökonomien mit europäischem Wertefundament
Digitale Souveränität in globalen Lieferketten
Nachhaltigkeits- und Transparenzanforderungen (z. B. CSRD, EU-Taxonomie)
Innovationsfähigkeit in einer KI-getriebenen Zukunft
Für Unternehmen, die Daten nicht nur verwalten, sondern strategisch nutzen wollen, sind Dataspaces kein Zukunftsthema – sondern ein zentrales Handlungsfeld der Gegenwart.
Literaturverweise
International Data Spaces Association (IDSA). (2022). Dataspaces – Grundlagen, Architektur und Use Cases.
European Commission. (2023). The European Strategy for Data.
Fraunhofer ISST. (2022). Data Sharing in Practice – Frameworks for Trusted Ecosystems.
GAIA-X AISBL. (2023). Dataspaces as Building Blocks for Digital Sovereignty.
McKinsey & Company. (2021). The Emerging Role of Data Ecosystems.
BMWK (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz). (2022). Leitfaden für die Praxis: Souveräner Datenaustausch in der Wirtschaft.
Palmirani, M., & Vitali, F. (2021). Data Governance in European Dataspaces. Journal of Data Law & Policy.

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